Über uns

Nachdem sich das Hausprojekt KBR10/12 jahrzehntelang über Kollektivmietverträge selbstverwaltet organisierte, wurde uns 2018 seitens des Vermieters die Möglichkeit zum Kauf des Objekts eröffnet. Gemeinsam haben wir uns, aktuell sind das 18 Bewohner*innen, dafür entschieden den Weg der Entprivatisierung zu gehen und das Haus endgültig in kollektive Selbstverwaltung zu überführen. Seitdem ist einiges passiert und nach vielen Verhandlungsstunden, Finanzierungsplänen und Arbeitsgruppentreffen haben wir im Januar endlich den Kaufvertrag unterzeichnet.

Aber warum haben wir uns überhaupt für einen kollektiven Hauskaufprozess entschieden?

Kollektive Aneignung

Mit der Entscheidung uns das Haus kollektiv anzueignen reagieren wir auf eine Vielzahl an wohnraumpolitischen Entwicklungen, die durch zunehmende Privatisierung des Wohnungswesens Mieten in die Höhe steigen lassen und Gentrifizierungsprozesse vorantreiben. Die Folgen sind vielerorts sichtbar: Leerstand und knapper Wohnraum führen zu isoliertem Wohnen, starren Wohnformen und Vereinzelung. Unser Vorhaben verstehen wir daher als notwendige Antwort auf eine Politik der Verdrängung. Es richtet sich gegen Vermieter*innenwillkür sowie hohe Mietpreise. Das bedeutet für uns auch bestehende Eigentumsverhältnisse kritisch zu hinterfragen.

Der KBR10/12 soll den Spekulationen des Immobilienmarktes entzogen werden, um so den Zugang zu günstigem Wohnraum langfristig zu ermöglichen und exkludierende Mechanismen der Wohnraumvergabe aufzubrechen. Das bedeutet auch, dass wir unser Haus gegen jegliche Form von Reprivatisierung schützen. Dafür haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren viel Zeit und Energie aufgewandt, um uns Wissen rund um eine nachhaltige Finanzierung anzueignen. Dies schließt das Überdenken bestehender Finanzierungsmodelle mit ein. Durch Konzepte wie dem der Umverteilung – die Anpassung von Mieten an Einkommen und individuelle Lebensrealitäten – versuchen wir dem kapitalistischen Warencharakter von Wohnraum entgegenzuwirken. Dabei vergessen wir nicht die Komplexität gesellschaftlicher Zusammenhänge und der damit verbundenen Ökonomisierung sämtlicher Lebensbereiche. Trotz allem sind wir überzeugt, dass kollektive Aneignung ein wichtiger Bestandteil emanzipatorischer Praxis sein kann. Eine Praxis, bei der uns viele Freund*innen und andere Projekte tatkräftig unterstützt haben.

Kollektives Wohnen

Aber nicht nur bezahlbar soll es sein, sondern auch solidarisch, selbstbestimmt und selbstverwaltet. Durch den Kauf des Hauses soll ein Raum entstehen, den wir gemeinsam nach unseren Bedürfnissen gestalten und organisieren. Wir übernehmen daher nicht nur Verantwortung für den materiellen Erhalt des Gebäudes, indem wir selbst über Investitionen in Instandhaltung und Umsetzung von Baustellen entscheiden, sondern auch für unser gemeinsames Zusammenleben. Wir möchten uns gegenseitig unterstützen, uns umeinander kümmern, gemeinsam entscheiden und mehr Zeit für schöne Dinge haben. Durch basisdemokratische Entscheidungsprozesse versuchen wir daher gesellschaftliche Herrschaftsstrukturen in unserem Alltag abzubauen und unsere Vorstellung von einem feministischen, antirassistischen und kapitalismuskritischen Miteinander umzusetzen. Denn unsere Idee von einem besseren Leben endet nicht bei der Kritik bestehender Verhältnisse, sondern fordert uns stetig dazu auf projektinterne Dynamiken zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Jede*r Einzelne übernimmt daher auch individuell Verantwortung für das Projekt und bringt sich nach eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten ein. All dies soll dauerhaft bezahlbaren und alternativen Wohnraum sichern, in dem unterschiedliche Menschen ohne Angst vor Wohnungsverlust und Vereinzelung einen Rückzugsort finden und emanzipatorische Forderungen vorantreiben können.

Und darüber hinaus..

Auch wenn wir unser Haus als wichtigen Rückzugsort für uns als Bewohner*innen sehen, endet unser politisches Wirken als Projekt nicht vor unserer Haustür. Seit Jahren sind wir in unterschiedlichen wohnraumpolitischen Vernetzungsstrukturen eingebunden, stehen im engen Austausch mit anderen Projekten und wollen auch zukünftig ähnliche Vorhaben tatkräftig unterstützen. Unser Ziel ist es, eine langfristige Unterstützer*innenstruktur aufzubauen, die gesammeltes Wissen weitergibt, alternative Wohnkonzepte sichtbar macht und andere Gruppen darin bestärkt, Projekte anzugehen. Darüber hinaus haben wir den Anspruch ein Ort für gesellschaftskritische und subkulturelle Veranstaltungen zu sein. Dabei verstehen wir Erhalt und Schaffung selbstverwalteter Räume als Teil einer umfassenden Gesellschaftskritik, die durch öffentliche Veranstaltungen in unserem Projekt zum Ausdruck kommen soll. In Form von Vorträgen, Filmvorführungen, Konzerten und anderen Aktionen möchten wir zur Aufklärung und Kritik bestehender Ideologien beitragen sowie Räume des Austausch und der Vernetzung schaffen. Emanzipatorische Gesellschaftskritik ist für uns notwendig und braucht daher praktische Orte der Artikulation.